Als du dachtest, ich schau nicht hin,
habe ich gesehen, wie du liebevoll die Uhr berührst, die du von Oma geerbt hast und ich habe gelernt, dass Wertschätzung auch über den Tod hinaus verbindet.

Als du dachtest, ich schau nicht hin, habe ich gesehen, wie du einen Blumenstrauß gekauft und zum Grab gebracht hast und habe gelernt, dass Trauer sich einen Ort suchen darf.

Als du dachtest, ich schau nicht hin, habe ich gesehen, wie du bei Omas Lieblingslied geweint hast und habe gelernt, dass Leben manchmal weh tut, aber man das schaffen kann.

Als du dachtest, ich schau nicht hin, habe ich gesehen, wie du alte Fotos angeschaut hast und gelacht hast bei den Erinnerungen und ich habe gelernt, dass gemeinsame Zeit wertvoll ist und wir sie bewusst erinnern können.

Als du dachtest, ich schau nicht hin, habe ich gesehen, wie du dich bei deiner Freundin ausgeweint hast und ich habe gelernt, dass man nicht alles alleine schaffen muss und Freunde ganz wichtig sind.

Als du dachtest, ich schau nicht hin, habe ich gesehen, wie du eine Dosensuppe aufgemacht hast, weil du zu erschöpft warst zum Kochen und ich habe gelernt, dass „unperfekt sein“ ein großer Teil von Selbstliebe sein kann.

Als du dachtest, ich bin schon eingeschlafen, habe ich gespürt wie du mir ein tränenfeuchtes Küsschen auf die Stirn gegeben hast und ich habe gelernt, dass ich dir, einfach nur, weil ich da bin, Trost spenden kann und ich wichtig bin.

Als ich dachte, du schaust nicht hin, habe ich geweint, weil ich dich nicht belasten wollte, aber ich schaffte es nicht alleine und bin in deine Arme gelaufen und ich hatte so eine Ahnung, dass ich mindestens genauso stark bin wie du, weil ich weiß, wann ich Hilfe brauche.

Nimm mich mit in deine Trauer. Ich liebe dich in deiner Trauer und durch sie hindurch und ich wachse mit ihr.