Krebs kann ein A… sein

Mutige Abschiede gestalten

Viel zu oft habe ich in den letzten 20 Jahren an einem Grab gestanden, in dem ein wunderbarer Mensch lag, den der Krebs getötet hat.

 

Als Hospiz- und Trauerbegleiterin komme ich in Familien, in denen der Krebs schon (fast) gesiegt hat. Ich kann ihn nicht heilen, ich bin keine Ärztin.
Aber ich kann Impulse geben für den Abschied. Denn, wenn Krebs ein Gutes hat, dann, dass wir uns auf den Abschied vorbereiten können. (Das klingt sehr makaber. Ich weiß!)
 

Mutige Fragen an den geliebten Menschen

„Ich kann doch jetzt kein Abschiedsgespräch führen… ich will doch nicht aufgeben… das traue ich mich nicht… ich möchte nichts aufwühlen, wenn es gerade nicht in den Gedanken ist…
 
Mut machen, um aus der Sprachlosigkeit herauszufinden. Das ist oft die Aufgabe von demjenigen, der von außen in die Familie kommt. Aber woher kann der Mut kommen?
Mir hilft dieser Gedanke:
Die Verzweiflung ist da, auch wenn ich sie nicht anspreche.
Die Traurigkeit über viel zu wenig verbleibende Zeit ist da, auch wenn ich sie nicht erwähne.
Die Bilder im Kopf fliegen, auch wenn ich nicht danach frage.
 
So traue ich mich und frage…
 
Ich möchte dich ermutigen: Sei auch du mutig. In meiner Erfahrung haben die Menschen nur die Fragen bereut, die sie nicht (mehr) gestellt haben. Für dich zum mutigen Fragenstellen schreibe ich hier meine „Lieblingsfragen“ auf.

Worauf bist du besonders stolz?

Was macht dich besonders dankbar?

Wann hast du dich am lebendigsten gefühlt?

Wo hast du in deinem Leben ein Wunder erlebt?

Wem hast du in deinem Leben eine ganz besondere Freude gemacht?

Welches Geheimnis möchtest du noch mit jemandem teilen?

Welches Ereignis macht dich am traurigsten,

wenn du daran denkst, es nicht mehr erleben zu können?

Mit wem möchtest du dich noch aussprechen?

Was wünscht du dir noch bevor du stirbst?

Wie möchtest du in Erinnerung bleiben?

Was hat die Zeit der Krankheit dich gelehrt?

Wofür bist du in dieser Zeit dankbar?

Und ganz mutig: Wofür war der Krebs gut? (Diese Frage ist nicht die erste und ich stelle sie nur dann, wenn ich sicher sein kann, dass derjenige diese Perspektive annehmen kann und nicht als Hohn versteht. Wenn ich mutig bin, dann wird es oft mit sehr berührenden Einsichten belohnt.)

Mutige Satzanfänge

Wenn die Reaktionen des geliebten Menschen immer weniger werden, ist die Sprachlosigkeit manchmal schwer wie Blei, die Stille unerträglich.
So ermutige ich die Familienmitglieder dazu, sich mit mir ans Bett zu setzen und nochmal ganz neu diese ganz besondere und nicht in Worte zu fassende Zeit zu gestalten.
 
Dann gebe ich Satzanfänge vor, die die Menschen ergänzen können und ihre Antworten werden zu Geschenken für die an Krebs erkrankten Menschen.
Meine schönste Erinnerung mit dir…

Nie werde ich vergessen, als du…

Sehr berührt war ich von diesem Geschenk von dir…

So richtig stolz auf das, was du gemacht hast, war ich …

Wenn ich das erleben werde, werde ich an dich denken…

Das hast du mir beigebracht…

Davon werde ich noch meinen Enkelkindern erzählen…

Lass dich beschenken von diesem Abschiedsmoment. Und denk dran: Es heißt nicht, dass du aufgibst, oder das Ende herbeisehnst; es bedeutet, dass du das Leben feierst und diesen Moment der Begegnung als weitere Erinnerung geschenkt bekommst.

PS: Wenn die Fragen nicht das Richtige sind, probiert es mit Fotos, oder Erinnerungsstücken… und ich freue mich, wenn du mir schreibst, bei Fragen oder, wenn du mutig warst.

Von Herz zu Herz

sende ich dir soviel Mut, wie du brauchst!

Katharina

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